Schlösser und Burgen, wie gern hab ich sie, wahrscheinlich war ich im früheren Leben mal Graf-, Burg- oder Schlossherr.

Herrschaftlich ist es schon das Schloss Château d’Urspelt in der nördlichen Gemarkung von Luxemburg. Zimmer und Suiten reihen sich in ihr aneinander, der hauseigene Parkplatz davor, selbstverständlich standesgemäß auf Kies und mit Premiumautomobilen der Luxusklasse durchaus frequentiert. Man kennt sich und bleibt hier gerne unter sich wie mir scheint. Ich sehe fast nur Kennzeichen der umliegenden Liegenschaften.

Die Außenansicht könnte fast einem Prospekt vom Disneyland entsprungen sein, zumindest optisch wird hier das Klischee des Auges bedient.
So oft, wie ich mich auch immer derzeit medial berieseln lasse, höre ich immer nur ein Wort (achten Sie mal darauf): KRISE. SPD Krise, Flüchtlingskrise, Feinstaubkrise, Greta Thunberg Krise, Rentenkrise, die große Umweltkrise, die uns alle ins Verderben führt.

Hier zumindest scheint das Wort KRISE weit weit entfernt.

Mein silberner Rimowa gleitet über den selbstverständlich roten Teppich vor der Schlosstüre, die mir beflissen Ronny Krings, seines Zeichens Front Office Manager, öffnet. Leider hatte der Hausherr und Eigentümer keine Zeit für mich, aber das wird sich sicherlich beim nächsten Besuch auch anders darstellen.

Schlosseingänge haben ja per se etwas Herrschaftliches, so auch hier, aber oh großer Schreck! Kaum habe ich den Raum 5 Meter entlang geschritten, bleibt mein von 2,5 Diopthrin gestärktes Auge an etwas weißem statischen hängen, das mich aus funkelnden Augen begrüßt und was ich so noch nie zuvor gesehen habe. Ein 1 Meter großes Roboterteil namens „Mr. Pepper“ begrüßt mich. Mr. Pepper, da assoziiere ich wirklich andere Dinge als eben dieses „Ding“. Monsieur Krings versichert mir aber, dass gerade seine asiatischen Gäste unglaublich darauf „abfahren“. Das Marketing und die Akquise muss sich wohl der Zeit und den Gepflogenheiten anpassen, dies habe ich mittlerweile gelernt.

Auf Monsieur Krings Empfehlung hin reserviere ich im hauseigenen Restaurant einen Tisch in einer Nische für 19.30 Uhr und suche erst einmal mein geräumiges Doppelzimmer in der ersten Etage auf (immer ein Doppelzimmer als Einzelzimmer). Nach einem entspannten Mittagsschläfchen werde ich leider leider aus den schönsten Träumen gerissen aufgrund einer absonderlichen Tonfolge, die vom Innenhof zu mir herauf dringt. Dies ist wohl dem Umstand geschuldet, dass sich im Schloss eine Feier befindet mit entspannten, wie ich später erfahre, französischen Gästen.

Merke auch hier Savoir-Vivre ist allgegenwärtig und das ist auch gut so. Ich ziehe deshalb die Option Erkundung der Umgebung und schlendere die Gegend ab und vertrete mir etwas die Füße. Mir fällt auf, Gediegenheit scheint hier eine Tugend zu sein nicht Pflicht. Ruhe scheint hier nicht nur Mittel zum Zweck, zumindest in der Ortsumgebung. So ein Schlosshotel hat ja immer etwas Herrschaftliches, zugleich kommt man sich eben nicht nur unglaublich profan vor, sondern irgendwie etwas gehoben.

Hervorgehoben.

Aufs Vortrefflichste und mit erheblichem finanziellen Aufwand anno 2005 wurde eben dieses Château renoviert und das sieht man.

Monsieur Krings führt mich durch die anliegenden Zimmer und ich bekomme somit einen Eindruck nicht nur der Ausstattung, sondern auch von Stil und wie man ihn hier zumindest interpretiert. Design in überbordernder Fülle hatte ich ja in Clervaux , hier ist eher Gediegenheit die erste Wahl. Monsieur Krings schwärmt elegisch vom Restaurant des Hauses und die herausragenden Qualitäten ihres Kochs.

Ich bin ja immer etwas skeptisch, wenn Mitarbeiter eines Hauses ihre eigenen Produkte oder Dienstleistungen loben. Eine Skepsis, die wie sich später herausstellen wird, völlig ins Gegenteilige wandeln wird. Gelinde gesagt bin ich auch etwas beeindruckt, mit welchem Aufwand hier renoviert wurde. Wer heutzutage Schlossherr oder Betreiber solch eines Anwesens ist, weiß welch horrende Summen allein der gängige Unterhalt verschlingt. Natürlich ist solch ein Anwesen geradezu prädestiniert für große Feiern, wer also gedenkt feudal mit seinem Lebensabschnittsendbegleiter den Bund zu schließen, ist hier bestens aufgehoben.

Zeit sich fertig zu machen fürs Dinner. Die Zegna Krawatte lasse ich diesmal weg, heute bin ich fast privat hier. Als ich das gegenüberliegende Restaurant um 19.30 Uhr betrete, erscheint der Gastraum schon gut gefüllt. Monsieur Krings hat löblicherweise im hinteren Teil des Restaurants mir einen Tisch reservieren lassen, an dem ich nun Platz nehme.

Die Servicekraft eilt eilig herbei und fragt beflissen nach etwaigen Aperitif-Wünschen und reicht schon mal die Karte. Ich bestelle mir einen Luxemburger Crémant, typisch von der Region und von ausgesuchter Qualität, dazu wird selbstgebackenes Brot gereicht mit entsprechendem Quark. Das Salz natürlich Fleur de Sel. Ich entscheide mich für ein 3-Gang Menü und lasse mir noch die Weinkarte bringen, die auch sofort von Sommelier Yüksel seines Zeichens multikultureller Luxemburger mit anatolischen Wurzeln, gebracht wird. Auf den Rat von Yüksel ordere ich die Weine glasweise zum jeweiligen Gang.

Sommeliers sind ja immer so eine Sache für sich, man begibt sich in die Hände eines Fremden, der einem Wein empfiehlt, mit wem macht man das schon so. Ich empfinde diesen Vorgang jedenfalls als intimen Akt, denn ich liefere mich völlig aus, nicht selten bin ich enttäuscht worden und musste Weine trinken, die an Belanglosigkeit der derzeitigen Regierungskoalition in nichts nachstehen. Nicht so hier..! Zum ersten Gang, einer überragenden und nicht alltäglichen Krustentier- Bouillon mit gerösteten Jakobsmuscheln (3 Stück), Zitronengras und Shimeji Pilzen trinke ich den empfohlenen Pinot Blanc 2016 Domaine Gales.

Welcher Schmelz! Perfekte Ausbalanciertheit zur Bouillon! Noble Finesse!

Ab sofort sind Yüksel und ich Freunde und wir bleiben es den ganzen Abend. Ich bin eigentlich so gar nicht der Suppen Fan, aber das hier Dargebotene ist von ausgesuchter und geschmacklich fantastischer Qualität. Wunderbar harmonisch abgeschmeckt noch dazu eben nicht von einer Kleistertextur, die viele Suppen auszeichnet, die ich anderorts schon essen musste.

Weiter geht es im zweiten Gang mit Argentinischen Rinder-Entrecôte mit saisonalem Gemüse und Rotweinsauce. Ich gestehe, ich mag Fett nicht, auch wenn jetzt der Aufschrei des geneigten Lesers kommt „GESCHMACKSTRÄGER“. Ich liebe Rinderfilet, habe mich deshalb schon oft schimpfen lassen müssen und bin deshalb auch nachhaltig verschrien. Dieses Argentinische Rinder-Entrecôte sucht seinesgleichen. Fachlich perfekt gebraten kommt es daher, sein formidabler Geschmack streicht meine Zunge, das saisonale Gemüse kommt buttrig zart und aufs Schönste angerichtet. Aber dann, dann kommt die ROTWEINSOßE! Zart und sämig, aufs beste reduziert und eingekocht, ich glaube Rinderkarkassen herauszuschmecken. Kongeniale Ergänzung zum Entrecôte wie sonst nur im Zusammenspiel von dereinst Steffi Graf und Boris Becker dargeboten, dazu kredenzt Yüksel einen passenden gereiften Bordeaux Cap Royal 2015 Supérieur, der mit seiner leichten Schwere und passendem Tannin punktuell landet.

In sich stimmig, ausgereift und durchdacht. Hier kocht jemand mit Herz und Verstand und verbindet gekonnt.

Selbstverständlich werden die glasweise gereichten Weine auf Wunsch, von Yüksel flink nachgeschenkt. Und dann das Dessert. Ich habe mich für eine Schokoladen-Moelleux mit weißem Schokoherz entschieden, und auch hier sollte mein Gaumen nicht enttäuscht werden. Wer mich kennt, weiß dass ich bei der richtigen Schokolade in Tränen der Rührung ausbrechen kann, so wie hier. Zart, cremig, Kakaobutter en Masse. Gut – die obligatorische Minze bitte beim nächsten Mal weglassen, aber sonst: Formidabel!
Der dazu gereichte Sauternes Château Guiraud 2010 ist von bestechender Qualität, gut gekühlt und ergänzt wieder vortrefflich das Dessert.

Auch hier wieder eine cremige Textur, diesmal mit Anklängen von Haselnüssen, Honig und leichter Vanille.

Anzumerken ist, dass sich die gebrachte Schlussrechnung in Relation zum dargebotenen fast erschwinglich hält.

Ja,ich muss zugeben: Wine, Dine & Fine Sleep im Château D’Urspelt – Eine Reise wert.

Château d’Urspelt
Am Schlass
L-9774 Urspelt
Tel.: +352 26 90 56 10
info@chateau-urspelt.lu
Website: https://www.chateau-urspelt.lu/de/