Jede Gerade ist eine Kurve
Ich war ja schon jeher ein Cremer und Nassrasierer. Mein erstverdientes Salär investierte ich in eine Pflegeserie eines Schweizer Kosmetikherstellers und erstand es zur Freude meines Apothekers für teures Geld in seinem Etablissement. Ich gehöre also überhaupt nicht zu der Spezie die beim Namen Ayurveda und La Biosthétique verschnupft mit den Augenbrauen zuckt. Auch muss ich zugeben, Schwielen an den Händen und ungepflegte Fingernägel hatte ich nie. Selbstverständlich schloss mich allein dieser Umstand von zünftigen „MÄNNERRUNDEN“ oder entsprechenden Vereinen aus, ein Umstand, der mich bis heute begleitet und äußerst zufriedenstellt.
Ich bin also wieder in Mondorf Domaine Thermal, erstens weil mein Rücken danach verlangt, und zweitens da ich nicht jünger werde und doch eine Unterstreichung meiner Persönlichkeit in Form einer ganzheitlichen Kosmetikbehandlung benötige. Ja, Sie haben richtig gelesen geschätzter Leser, eine KOSMETIKBEHANDLUNG für MÄNNER.
Und falls die Frage aufkommt, nein, ich stehe auf das weibliche Geschlecht und habe dahingehend einige Präferenzen, bin aber im sicheren End-Hafen.
Ich bin verabredet mit Kristina Guirguinova, Ihres Zeichens die dortige kosmetische Leitung im Spa Center Mondorf Domaine Thermal an einem Donnerstag, um 16:00 Uhr. Nach dem obligatorischen Check-In in der reservierte Junior Suite, werfe ich mich in den vorgewärmten Bademantel und gehe durch den hauseigenen Wellnessbereich ins dortige SPA.
Am linksseitigen Entree werde ich freundlich begrüßt von Kristina, die mich sogleich nach der Überprüfung meines Termins nach einem Getränkewunsch fragt. Ich ordere einen Luxemburger Crémant, nicht zu früh für diese Uhrzeit, denn es ist eigentlich nie zu früh für einen Luxemburger Crémant. Der Eingangsbereich des Spa in Mondorf erinnert ein bisschen an einen Tempel in arabischen Gefilden, jedenfalls mit seinen verschnörkelten Strukturen und Dächern, durchaus apart gemacht und ansehnlich. Ich sehe mich schon im Burnus im Schneidersitz mit dabeistehendem Kamel auf dem Boden. Da ich etwas neugierig bin, schlendere ich etwas durch die Räumlichkeiten bevor es in mein Kaiserbad geht. Ein Raum mit einer bunt verzierten Türe weckt mein großes Interesse. Wie ich später erfahre, handelt es sich um einen Tempel der Sinnlichkeit namens Sabbia-med in dem die Rekonstruktion eines Tages in der Wüste, vom Sonnenaufgang bis zum -untergang, auf warmem Sand im Inneren abläuft.
Nach dem Öffnen der selbigen schlägt mir nicht nur eine heiße Wüstenluft entgegen, nein, ich betrete WÜSTENSAND und sehe Wände wie aus Tausend und einer Nacht, Peter O´Toole als „Lawrence von Arabien“ hätte sicherlich bei diesem Anblick Tränen der Rührung inne- gehabt.
Doch die Zeit drängt und mit etwas angedeutetem Nachdruck bittet mich Kristina ins vorbereitete Kaiserbad mit Rosenblüten, selbstverständlich in einer Kupferbadewanne. Der illuminierte Raum in abwechselnden Farben und die freistehende Kupferbadewanne mit einem Fassungsvermögen von gut und gern 500 Litern, blitzt mir förmlich entgegen. Das von mir gebuchte Rosenbad weist eine entsprechende Wohlfühltemperatur auf, Monique lässt mich mit einem wissenden Lächeln alleine, und mit einem tiefen Seufzer gleite ich in das aromatisierte Wasser. Das Glas Crémant zur Linken, sinniere ich umgeben von wohliger Wärme, und komme zu dem Schluss, dass es derzeit keinen besseren Ort für eine Entspannung geben kann als diesen hier. Meine Gedanken kommen und gehen, ich genieße den eiskalten Crémant und denke… ja was denke ich eigentlich… meine Gedanken fließen. Unweigerlich dämmere ich weg und schrecke erst auf als Madame leise an die Türe klopft mit einem bestimmten, aber freundlichen „Monsieur“!
Leicht beschwingt geht es im Schlepptau mit Cathy hinüber zur Massage und somit zu Ivan. Wobei ich zugeben muss, dass ich zwar Massagen sehr schätze, aber viele sich eben „Masseur“ schimpfen und nicht mal ansatzweise über entsprechende Qualifikationen verfügen, einige von eben jenen sollten sich eher auf kneten von Brot oder ähnlichem spezialisieren, nicht aber hier, nicht bei Ivan.
Ivan begrüßt mich freudestrahlend und mit einem gewinnbringenden Lächeln. Ich lege mich also wie Gott mich freundlicherweise gestaltet hat, zuerst mit dem Rücken auf eine entsprechend ausgestattete Massageliege und dann beginnt sie, die Prozedur, die ich lange Zeit nicht vergessen werde. Ich weiß nicht wie es bei ihnen so ist, aber bei mir bedeutet eine Massage in gewisser Weise eine andere Form von Intimität. Beginnend mit den unteren Extremitäten werde ich mit einem wohlriechenden Öl sozusagen eingeölt. Zuerst wird meine Haut sozusagen nur leicht gestreichelt, dabei bemerke ich trotzdem die durchaus festen Hände Ivans. Ich fühle mich berührt, aber eben nicht bedrängt. So langsam merke ich jede Kurve und jeden festen Strich den Ivan vollführt. Seine festen Hände gleiten über meine Körpersynapsen, ich erkenne Körperregionen wieder die ich vollständig vergessen hatte. Muskelregionen rufen sich mir in Erinnerung, die ich zuletzt bei den Bundesjugendspielen bei einem gewissen Herrn Donderer gespürt habe, nur damals eben nicht mit „Wohlfühlgefühl“. Nach 20 Minuten werde ich gebeten mich umzudrehen, ich platziere mein Gesicht in die dafür vorgesehene Aushöhlung und versuche mich entspannt hinzulegen. Wieder beginnt die Prozedur von neuem, zuerst werden meine Extremitäten überall mit Öl sanft eingestrichen. Meine untere linke Wade gleitet fast elegisch durch die Hände von Ivan. Muskeln fühlen sich auf einmal nicht nur entspannt, sondern auch wie Gummi an, und dann, ja dann kommt mein Rücken. Ich bin ja seit je her etwas rückenbelastet, aber Ivan beschreibt mit seinen Händen auf meinem Rücken Kurven und Geraden und dies in immerfort währender Wiederkehr. Fast habe ich das Gefühl, dass sich meine einzelnen Wirbel wieder geraderichten, sozusagen aufrichten. Kurz denke ich daran, mir Ivan fest nach Hause zu bestellen und dies wöchentlich, ich muss dahingehend doch vielleicht mal mit Monsieur Geschäftsführer Pierre Plumer sprechen. Ich bin ruhig und entspannt, körperlich wiederhergestellt, aufgerichtet. Nach 90 Minuten und dem letzten Strich an meinen Händen, verabschiedet sich Ivan, wünscht mir einen entspannten Tag, und ich bin ihm einfach nur dankbar. Ich nehme mir nun vor, bei jedem Besuch in Mondorf eine Massage bei Ivan zu buchen.
Für heute aber ziehe ich mich wieder an, und geh noch etwas ins Thermalwasser. Sozusagen als krönender Abschluss.
Heute Abend habe ich eine entsprechende Verabredung, mit meiner aparten Madame im hauseigenen Spitzenrestaurant „de Jangeli“. Es gibt dort heute Abend wunderbaren Steinbutt auf der Karte, dazu einen Luxemburger Auxerrois und danach…Sie wissen schon.
Ja, jede Gerade ist eine Kurve!
Mondorf Domaine Thermal
Avenue des Bains
L-5601 Mondorf-les-Bains
Tel.: (+352) 23666 666
E-Mail: domaine@mondorf.lu